Lithium

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Lithium ist ein chemisches Element mit pharmakologischen Eigenschaften. Lithiumsalze werden als Medikamente zum Beispiel gegen Bipolare Störungen und Depressionen eingesetzt und auch in der vorbeugenden Behandlung des Cluster-Kopfschmerzes verwendet.

Lithiumacetat und Lithiumcarbonat sind in Deutschland die einzigen zur vorbeugenden Behandlung von Cluster-Kopfschmerz nach dem Arzneimittelrecht zugelassenen Medikamente.[1][2] Die Wirkungsweise ist unbekannt, es wird vermutet, dass die Serotonin-Regelkreise beeinflusst werden.[3]

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit und die Verträglichkeit von Lithium bei Cluster-Kopfschmerz sind der des Verapamils unterlegen, so dass es nur ein Mittel der zweiten Wahl ist, aber probiert werden sollte, wenn Verapamil nicht wirksam ist. Lithiumtherapien sollten nur von versierten Fachärzten durchgeführt werden. Eine Behandlung mit Lithium muss über den Plasmaspiegel überwacht werden, der zwischen 0,6 und 1,2 mmol/l liegen sollte.[4][5] Regelmäßige Kontrollen der Leber-, Nieren- und Schilddrüsenfunktionen sind notwendig.

Lithiumcarbonat ist in einer täglichen Dosis zwischen 600 und 1.500 mg in mehreren offenen Studien zur Prophylaxe des Clusterkopfschmerzes untersucht worden. Die Ergebnisse dieser Studien mit insgesamt 106 Patienten wurden von Karl Ekbom 1981 in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst.[6] Einige Studien geben eine dem Verapamil vergleichbare Wirkungsamkeit von 70% an.[7] Eine jüngere placebo-kontrollierte Studie zeigte dagegen keinen Effekt von Lithium beim episodischen Cluster-Kopfschmerz.[8] In einer doppelblinden crossover Studie zeigten Lithium und Verapamil eine ähnliche Wirksamkeit beim chronischen Cluster-Kopfschmerz mit einem rascheren Wirkungseintritt und einer besseren Verträglichkeit von Verapamil.[9]

Die Verwendung von Lithium beim Cluster-Kopfschmerz beruht nur auf sehr kleinen und auf offenen Studien, deren positive Ergebnisse für den chronischen Cluster-Kopfschmerz mehr überzeugend sind. Darum wird Lithium von den nationalen und europäischen Leitlinien zur Behandlung des Cluster-Kopfschmerzes besonders für den chronischen Cluster-Kopfschmerz empfohlen, wenn andere Substanzen nicht wirksam oder kontraindiziert sind.[5][10] Der Einsatz von Lithium zur Prophylaxe des Cluster-Kopfschmerzes ist als gut etabliert anzusehen, wird aber trotz der arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht durch placebokontrollierte Studien oder eine gute Verträglichkeit und hohe Sicherheit gestützt.[1]

In einer Patientenbefragung beantworteten 65 Probanden, die am Cluster-Kopfschmerz leiden, die Frage nach der Wirksamkeit von Lithium: 24,6% der Teilnehmer berichteten von einer guten Wirksamkeit dieses Medikamentes. 31% der Patienten mit einer episodischen Verlaufsform hatten eine gute Wirkung. Der Anteil der chronischen Cluster-Kopfschmerzpatienten mit einer guten Wirkung betrug 19,4%. 43,1% der Probanden bemerkten keinen Wirkeffekt durch das Lithium. 32,3% der Patienten berichteten einen mäßigen Wirkeffekt.[11]

Wechselwirkungen

Lithium interagiert mit Triptanen, indem es deren Wirkung verstärkt, sowie mit Calciumantagonisten (z.B. mit Verapamil), wodurch die Nervenzellen schädigende Wirkung des Lithiums verstärkt wird.[12] Eine Kombination von Lithium mit Verapamil zur Behandlung von Cluster-Kopfschmerz ist möglich.[13] Der Serumlithiumspiegel sollte bei dieser Kombination im unteren therapeutischen Bereich liegen.[12] Diuretika und Neuroleptika sollten nur unter besonderer Vorsicht während einer Lithiumtherapie eingesetzt werden.[12]

Kontraindikationen

Lithium sollte bei Nierenfunktionsstörung, Herz-/Kreislauferkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen oder bei Muskelerkrankungen nicht eingesetzt werden. Bei Psoriasis-Patienten (Schuppenflechte) kann Lithium akute Entzündungsschübe auslösen.[12]

Unerwünschte Wirkungen

In der klinischen Praxis ist die häufigste Nebenwirkung ein feinschlägiges Zittern (Tremor), das bei der Mehrzahl der Patienten auftritt und Alltagshandlungen relevant einschränken kann. Weitere mögliche unerwünschte Wirkungen von Lithium sind Müdigkeit, Nachlassen von Vitalität, Verwirrtheit, Gewichtszunahme, Wassereinlagerungen, Veränderung des Blutbildes und Muskelschwäche, Veränderung der Schilddrüse, Kropfbildung, Hyperthyreose, Übelkeit und Veränderung des Stuhlganges, Niereninsuffizienz sowie vermehrtes Wasserlassen und allergische Reaktionen. Viel Trinken ist bei der Einnahme von Lithium notwendig, da es sonst zu einer Lithiumanreicherung kommen kann, die zu verstärkten Nebenwirkungen führt. Als Langzeitnebenwirkungen treten vor allem Störungen der Schilddrüsenfunktion und Kleinhirnfunktionsstörungen auf. Lithium kann die Funktion der Purkinje-Zellen des Kleinhirns beeinträchtigen.[1]

Die Gebrauchs- und Fachinformationen der Hersteller enthalten weitere wichtige Informationen zur Kontrolle der Behandlung und zu unerwünschten Wirkungen, Kontraindikationen, Interaktionen, Warnhinweisen und Vorsichtsmassnahmen.

Handelsnamen

  • Lithiumacetat: Quilonum®, Lithium-SB®
  • Lithiumcarbonat: Quilonum retard®, Lithium-SB retard®, Quilonorm retard®

Siehe auch:

Literatur

  • Leitlinie "Clusterkopfschmerz und trigeminoautonome Kopfschmerzen". Herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft und dem Berufsverband deutscher Neurologen. Stand: 14.05.2015, gültig bis 13.05.2020. - Online bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
  • Evers, S.: Lithium beim Clusterkopfschmerz. Internistische Praxis. 2012; 52(2): 397-8.
  • Stochino, ME.; Deidda, A.; Asuni, C.; Cherchi, A.; Manchia, M.; Del Zompo, M. (Jun 2012). "Evaluation of Lithium Response in Episodic Cluster Headache: A Retrospective Case Series.". Headache. doi:10.1111/j.1526-4610.2012.02183.x. PMID 22670710. 
  • Bussone G, Leone M, Peccarisi C, Micieli G, Granella F, Magri M, Manzoni GC, Nappi G (June 1990). "Double blind comparison of lithium and verapamil in cluster headache prophylaxis". Headache 30 (7): 411–7. doi:10.1111/j.1526-4610.1990.hed3007411.x. PMID 2205598. 
  • Manzoni GC, Bono G, Lanfranchi M, Micieli G, Terzano MG, Nappi G (June 1983). "Lithium carbonate in cluster headache: assessment of its short- and long-term therapeutic efficacy". Cephalalgia 3 (2): 109–14. doi:10.1046/j.1468-2982.1983.0302109.x. PMID 6409415. 
  • Bussone G, Boiardi A, Merati B, Crenna P, Picco A (September 1979). "Chronic cluster headache: response to lithium treatment". J. Neurol. 221 (3): 181–5. doi:10.1007/BF00313049. PMID 91671. 
  • Ekbom K (March 1977). "Lithium in the treatment of chronic cluster headache". Headache 17 (1): 39–40. PMID 845026.  Editorial.
  • Kudrow L (March 1977). "Lithium prophylaxis for chronic cluster headache". Headache 17 (1): 15–8. PMID 845021. 
  • Cruceanu C, Alda M, Turecki G (2009). "Lithium: a key to the genetics of bipolar disorder". Genome Med 1 (8): 79. doi:10.1186/gm79. PMID 19691823. 
  • Flood S, Bodenham A.: Lithium: mimicry, mania, and muscle relaxants. Contin Educ Anaesth Crit Care Pain. (2010) 10 (3): 77-80. DOI
  • McKnight, RF.; Adida, M.; Budge, K.; Stockton, S.; Goodwin, GM.; Geddes, JR. (Feb 2012). "Lithium toxicity profile: a systematic review and meta-analysis.". Lancet 379 (9817): 721-8. doi:10.1016/S0140-6736(11)61516-X. PMID 22265699. 
  • Pasquali L, Busceti CL, Fulceri F, Paparelli A, Fornai F (September 2010). "Intracellular pathways underlying the effects of lithium". Behav Pharmacol 21 (5-6): 473–92. doi:10.1097/FBP.0b013e32833da5da. PMID 20700048. 

Externe Links

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Bewertung der Expertengruppe Off-Label im Bereich Neurologie/Psychiatrie nach § 35b Abs. 3 SGB V zur Anwendung von „Verapamil zur Prophylaxe des Clusterkopfschmerzes.“ 05.07.2011, PDF-Datei
  2. Das Portal für Arzneimittelinformationen des Bundes und der Länder: http://www.pharmnet-bund.de/ 06.02.2011
  3. Lambru G, Matharu M (January 2011). "Serotonergic Agents in the Management of Cluster Headache". Curr Pain Headache Rep. doi:10.1007/s11916-011-0176-4. PMID 21271306. 
  4. Manzoni GC, Bono G, Lanfranchi M, Micieli G, Terzano MG, Nappi G (June 1983). "Lithium carbonate in cluster headache: assessment of its short- and long-term therapeutic efficacy". Cephalalgia 3 (2): 109–14. doi:10.1046/j.1468-2982.1983.0302109.x. PMID 6409415. 
  5. 5,0 5,1 Leitlinie "Clusterkopfschmerz und trigeminoautonome Kopfschmerzen". Herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft und dem Berufsverband deutscher Neurologen. Stand: 14.05.2015, gültig bis 13.05.2020. - Online bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
  6. Ekbom K (July 1981). "Lithium for cluster headache: review of the literature and preliminary results of long-term treatment". Headache 21 (4): 132–9. doi:10.1111/j.1526-4610.1981.hed2104132.x. PMID 7021473. 
  7. May A, Evers S, Straube A, Pfaffenrath V, Diener HC (June 2005). "Therapie und Prophylaxe von Cluster-Kopfschmerzen und anderen trigemino-autonomen Kopfschmerzen. Überarbeitete Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft". Schmerz 19 (3): 225–41. doi:10.1007/s00482-005-0397-8. PMID 15887001.  DMKG: PDF-Datei
  8. Steiner TJ, Hering R, Couturier EG, Davies PT, Whitmarsh TE (October 1997). "Double-blind placebo-controlled trial of lithium in episodic cluster headache". Cephalalgia 17 (6): 673–5. doi:10.1046/j.1468-2982.1997.1706673.x. PMID 9350389. 
  9. Bussone G, Leone M, Peccarisi C, Micieli G, Granella F, Magri M, Manzoni GC, Nappi G (June 1990). "Double blind comparison of lithium and verapamil in cluster headache prophylaxis". Headache 30 (7): 411–7. doi:10.1111/j.1526-4610.1990.hed3007411.x. PMID 2205598. 
  10. May A, Leone M, Áfra J, Linde M, Sándor PS, Evers S, Goadsby PJ.: EFNS guidelines on the treatment of cluster headache and other trigeminalautonomic cephalalgias. European Journal of Neurology. 2006; 13: 1066–1077. PMID 16987158, PDF-Datei DOI
  11. Dissertation Jens Fleßner: Epidemiologie und Verlauf von Patienten mit Clusterkopfschmerzen und anderen trigemino-autonomen Kopfschmerzen. Münster 2010 (ZIP-Datei)
  12. 12,0 12,1 12,2 12,3 Fachinformationen Quilonum® (RTF-Datei) 12.02.2011
  13. Diener HC, Göbel H, Grotemeyer KH, Pfaffenrath V.: Therapie des Clusterkopfschmerzes. Therapieempfehlung der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft. Dt. Ärzteblatt. Oktober 1998; 95(44): A-2760-2769. URL